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05.05.15
"Ladies and Gentlemen, the Secretary General..."

Afraner simulieren mit Schüler und Studenten aus verschiedenen Ländern internationales Konfliktmanagement beim Model United Nations an der Jacobs University in Bremen

Meine Sitznachbarin schiebt einen kleinen Zettel auf meinen Tisch: „Lithuania“ steht da schnell hingekritzelt. Ich weiß, ich muss jetzt schnell reagieren, denn in wenigen Minuten stimmen wir über die erste Resolution ab und ich hatte wenig Zeit, mich mit den anderen Baltikum-Staaten kurzzuschließen, ob wir die eher westlich- oder östlich-orientierte Linie fahren.
Litauen ist ein klassischer Defensiv-Staat und eine Beteiligung an militärischen Attacken daher eher fragwürdig. Andererseits ist das Land sehr daran interessiert, westlichen Anschluss zu finden und endlich unabhängiger von Russland zu werden, was schwer ist. Ich verleihe diesen Interessen eine Stimme als Delegierte Litauens in der General Assembly der United Nations. Das Thema der Sitzung lautet ‚Situation im Yemen‘. Es gibt kein Veto-Recht der P5 Mächte und somit zählt die Stimme jedes noch so kleinen Staates.

Naja, fast. Ich sitze zwar als Delegierte von Litauen in dieser General Assembly, aber nicht in New York City sondern in der Jacobs University Bremen. Denn das hier sind nicht die wirklichen Vereinten Nationen, sondern ein Planspiel, ein sogenanntes Model United Nations (MUN), für Schüler und Studenten aus ganz Deutschland. Solche MUNs finden das ganze Jahr über auf der ganzen Welt statt. Auch Sankt Afra hatte vor einigen Jahren ein eigenes, kleines AFRAMUN. Heute nehmen wir an einem International MUN teil, bei dem die Teilnehmer aus verschiedenen Ländern kommen und die Geschäftssprache Englisch ist.

Eingeladen hat uns ein Altafraner, Rico Dittrich, der dieses Jahr sein Studium an der Jacobs University abschließt und für dieses BRIMUN als Generalsekretär gewählt wurde. Seinem Angebot sind wir als Delegation mit acht Afranern der 10. und 11. Klasse gefolgt und hatten sieben lange Stunden Zugfahrt vor uns, dafür sollte uns das unvergessliche Wochenende aber bald entschädigen.

In der Regel sollen diese MUNs verschiedene ‚Councils‘ der UN simulieren und diese Räte beschäftigen sich mit individuellen, dringlichen Themen, z.B. der Sicherheitsrat mit dem Thema ‚ISIS und Terrorismusabwehr‘.

In Bremen wird ein Krisenkomitee  zur Situation im Jemen einberufen. Diese Simulationen sind nicht zu unterschätzen. Auch wenn wir uns abends zu witzigen und ausgelassenen Abenden in der Uni und in Bremen zusammenfinden, so sind wir tagsüber während der Sitzungen konzentriert und beschäftigt. Das beginnt bei unserer Kleiderwahl: die Jungs im Anzug, wir Mädchen in dunkler Hose oder Rock und Bluse oder in Kleid mit Strumpfhose. Jeder Teilnehmer vertritt ein Land der Generalversammlung. Das Spektrum ist auch groß, wenn nicht so viele Teilnehmer anwesend sind, um alle Teilnehmerstaaten der Generalversammlung abbilden zu können. So sitzen neben mir zum Beispiel Oliver, der Libyen repräsentiert und Josefina, die als Delegierte von Nigeria auch aus Afra mit mir kam.

Die Sitzungen unterliegen dann ebenso strengen Abläufen und verschiedenen Diskussionsforen wie das Original. Ziel ist es, dass wir als Generalversammlung eine Lösung für die Jemen-Krise finden, also zum Beispiel humanitäre Hilfe stellen und eine Verhandlungsbasis schaffen.

MUN verlangt jedem Teilnehmer viel ab. Es geht eben nicht darum, seine eigene Meinung zu vertreten, sondern sich in die zugeteilte Rolle, also in das zugeteilte Land und dessen Politik hineinzudenken, zu recherchieren und wirklichkeitsnahe Entscheidungen zu fällen. Das fördert interkulturelle Kompetenz und Kommunikation und es hilft, internationale Konflikte besser zu verstehen. Global wird es im kleinen Rahmen auch abends, wenn wir entspannt viele neue Leute ganz unterschiedlicher Nationalitäten an dieser internationalen Uni in Bremen kennenlernen. Die sieben Stunden Zugfahrt zurück sind dann auch nur noch halb so schlimm.

Hier finden Sie weitere Informationen zum Planspiel Model United Nations.

 

 

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